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Kult-Vespa
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Kult auf 2 RädernVon Markus Lehner. Aktualisiert am 13.04.2014Vespa 125 Sprint: Hinter dem altbekannten, stetig aufgefrischten Design des
Rollers verbirgt sich topaktuelle Technik.
Was haben Motorräder von Harley-Davidson, Uhren von Rolex,
Autos von Mercedes, Taschen von Gucci und mit tausend Apps
bestückte iPhones gemeinsam? Sie alle verkörpern ein
Premium-Image, mit dem sich statusbewusste Schweizer gern
schmücken und welches den rationalen Wert und Einsatzzweck
des Produkts weit überstrahlt. Genau so verhält es sich auch
beim seit bald sieben Jahrzehnten gebauten und mit Abstand
berühmtesten Roller der Welt – der Vespa. Die Urform von
1946 ist heute noch bei sämtlichen aktuellen Modellen selbst
von Laien auf Anhieb erkennbar, sämtliche essenziellen
Bauteile und Konstruktionsmerkmale von anno dazumal haben
sich ausnahmslos in die Neuzeit hinüberretten können. Alles
perfekt up-gedated natürlich, aber dennoch unverkennbar die
Mama.
2,5 Liter auf 100 Kilometer Wie bei einem Menschen ist dieses zigfach wiederholte Facelifting nur an der Peripherie, also aussen, möglich. Unter der unsterblichen, in der Roller- und Motorradwelt einzigartigen und mittlerweile vollautomatisch hergestellten Karosserie aus gepressten und verschweissten Stahlblechen mit Wespen-Styling (deshalb der Name Vespa) ist nichts mehr, wie es einmal war. Die durstigen, stinkenden und qequält quäkenden 2-Takter mit der grauslich-knuffligen Drehgriff-Handschaltung am linken Lenkerende, die bei Vielfahrern schon mal zu entzündeten Sehnen im linken Unterarm führten, verstauben bereits seit zwei Jahrzehnten im Museum und haben zeitgemässeren 4-Taktern Platz machen müssen. Die aktuellste Motorenvariante in der Sprint 125 (und ihrem Schwestermodell Primavera) ist ein topmoderner, Gebläse- gekühlter 1-Zylinder-4-Taktmotor mit 125 ccm3 Hubraum und 10,7 PS. Er treibt die Wespe in der Stadt knackig von der Ampel weg, taugt auch für 80 km/h auf der Umfahrung, und der Verbrauch liegt im Stadtbetrieb bei bescheidenen 2,5 Litern auf 100 Kilometer – bei konstant 50 km/h sind sogar 64 km pro Liter möglich. Zudem betragen die Service-Intervalle grandiose 12 000 Kilometer und senken so die Unterhaltskosten dramatisch – mehr als einmal pro Jahr in die Werkstatt muss also eine Vespa heute nur noch mit echten Roller-Junkies als Besitzern. Hoher Spassfaktor Im Cockpit gibt es moderne Digitalanzeigen und Bordcomputer, die Lichtquellen vorn und hinten sind mit LED-Lampen bestückt, gebremst wird bei der neuen 125er zumindest vorne mit Scheibe, und ab Sommer 2014 kriegen alle Vespa daselektronischeAntiblockiersystemABS spendiert – aber nur im Vorderrad, weil ausser bei der grossen GTS 300 alle «Vespinos » (kleine Hubräume und Karosserie) und «Vespones» (grosse Karosserie) hinten weiterhin mit zwar altertümlichen, aber dennoch zuverlässigen Trommelbremsen ausgestattet sind. Wie sich die 125 Sprint fährt? Kurz: In der Bedienung idiotensicher, motorisch und fahrwerksmässig souverän, bei sportlicher Fahrweise mit der antiquierten Vorderradführung auf schlechter Strasse etwas überfordert, aber immer, wirklich immer mit hohem Spassfaktor und positiv- wohlwollender Rückmeldung der gesamten motorisierten und nichtmotorisierten Umwelt. Mit ABS wird sich der Verkaufspreis ab Sommer 2014 von derzeit 5395 auf 5995 Schweizer Franken erhöhen, neben den klassischen drei Vespa- Farben Schwarz, Weiss und Rot gibt es die ab Ende April lieferbare Sprint (1976 war letztmals eine Vespa unter diesem Namen im Modellprogramm) neu auch in Blau und Gelb. (Tages-Anzeiger)
Eine Frage des ImageVespa gehört zu den grossen Gewinnern im Welt-Zweiradmarkt des dritten Jahrtausends. 2004 wurden im Werk in Pontedera vor den Toren Pisas noch knapp 60 000 Einheiten des kultigen Stadtvehikels gebaut und verkauft, 2013 waren es mit 190 000 Stück mehr als dreimal so viele; ein stattlicher Anteil davon wurde im Werk in Hanoi (Vietnam) produziert. Auch in der Schweiz schraubte sich der Absatz in luftige Höhen. Vor zehn Jahren wurden noch brave 1500 Stück neu auf Helvetiens Strassen zugelassen, 2013 waren es – trotz stagnierendem Zweirad-Gesamtmarkt – rund 3500 Stück. Für Moreno Stiz (54), Leiter Verkauf und Marketing beim Schweizer Vespa-Importeur Ofrag, ist der Anstieg der Vespa-Verkäufe in den vergangenen Jahren keine Überraschung. «Natürlich ist eine Vespa heute modern, zuverlässig, sauber und technisch auf der Höhe der Zeit, aber das sind Konkurrenzprodukte auch. Die grosse Triebkraft beim Vespa-Absatz ist zweifellos das Image», so Stiz. Dafür geben Schweizer, die laut Stiz im Vergleich zu anderen Nationen «extrem Image-orientiert kaufen», gern mehr aus. «Wer Vespa fährt, wird einerseits als cool, aber gleichzeitig auch liebenswürdig wahrgenommen», erklärt Stiz weiter. «Wo er oder sie hinkommt, findet sich jemand, der von einem Vater, Grossvater oder Onkel erzählt, der früher auch mal so ein Teil besass oder noch immer besitzt. Für alle Leute ist eine Vespa kein Roller, sondern nur eines – eine Vespa mit einer Riesenportion Italianità.
Ein weiterer Bericht über die Sprint
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Stand: 7.6.2020
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